Mit seinem vierten Album Bodenhex wagt Vlimmer einen intensiven und radikalen Schritt: Es geht nicht nur darum, klangliche Grenzen neu zu definieren, sondern auch darum, die eigene künstlerische Identität auf den Prüfstand zu stellen. Dabei gibt Alexander dem Begriff Zuhause eine völlig neue, gebrochene Form – sein Werk ist eine Auseinandersetzung mit dem Überfluss, dem Chaos und dem ständigen Drang nach Selbstverortung.

Schon der Opener „2025“ nimmt uns mit auf eine Reise, die zugleich zurückhaltend und bedrohlich wirkt. Was mit ruhigem Beat und nebligem Drone beginnt, steigert sich langsam in Spannung, verwirrt durch krächzende Gitarren, tribal anmutende Drums und hallende Schreie. Die düstere Atmosphäre könnte direkt aus einem Cure-Track stammen und schafft eine unheimliche Nähe, in der jede Minute wie der drohende Schatten eines unausweichlichen Ereignisses wirkt.

Auf Bodenhex zeigen sich Vlimmer von einer neuen, roheren Seite – und der zweite Track „Überrennen“ setzt diese Ankündigung eindrucksvoll in die Tat um. Mit einer Mischung aus Industrial, metallischem Shoegaze und unverblümten Blastbeats bricht Donat mit musikalischen Konventionen und schleudert dem Hörer/der Hörerin fast körperlich spürbare Klangwellen entgegen. Diese kathartische Intensität führt zu einem musikalischen Chaos, das gleichzeitig den eigenen Weg zur Erkenntnis aufzeigt.

Doch das Album bietet auch Raum für Versöhnliches: Indie-Wave-Anklänge und Elektro-Pop-Elemente lockern die schwere Atmosphäre immer wieder auf, nur um von bedrückenden Zithern, Post-Punk-Gitarren und düsteren Synthies in eine klangliche Irre geführt zu werden. Donat erschafft eine Welt, in der sich der Hörer verloren und doch seltsam heimisch fühlt.

Mit „Fadenverlust“ gipfelt das Album schließlich in einem explosiven Finale aus Blackgaze und Darkwave – ein intensives Klanggewitter, das sich selbst zu zerstören scheint, bevor die Apokalypse vollends über uns hereinbricht. Dieser Abschied ist die perfekte Metapher für das gesamte Album: Böden werden verbrannt, Sicherheiten aufgegeben, und aus der Asche entsteht etwas Neues, Unsicheres, aber Kraftvolles.

Vlimmer legt mit Bodenhex ein Werk vor, das Herausforderung und Zuflucht zugleich ist – ein Album, das in seinem rohen, kompromisslosen Stil die Grenzen von Darkwave und Industrial neu auslotet und dabei eine seltene Form musikalischer und emotionaler Ehrlichkeit erreicht.

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