Corona-Chronicles: Interview mit Joke Jay

Im Interview: The Joke Jay, Musiker und Sänger mit eigener Band und bei And One.


Gothic Empire: Die wichtigste Frage am Anfang: Geht es Dir gut?

Joke: Hi Dominique, oberflächlich gesehen schon. Ich versuche, trotz allem, positiv zu sein. Mein Unterbewusstsein allerdings, sieht das ganz anders. Dem geht’s mit der herrschenden Situation beschissen!


Gothic Empire: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, um meine Fragen zu beantworten, oder hast Du im Moment einfach viel Zeit? Wie trifft Dich als Musiker die aktuelle Situation in Deutschland und der Welt?

Joke: Gerne. Als Musiker ist man momentan so ziemlich gefickt. Das Einzige, was momentan bleibt, ist die Kreativität zuhause. Ich wollte, kurz bevor die Apokalypse ausbrach, ins Studio, um mein THE JOKE JAY- „AWAKEN“ Album fertigzustellen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob 2020 als Release zu halten ist. Werde aber alles versuchen.


Gothic Empire: Du hast ein neues Album am Start, wolltest Du jetzt auch auf Tour gehen?

Joke: Das ist natürlich der Werdegang einer Release-Kampagne. Album, danach Tour. Ich fürchte, das rückt alles in eine unbestimmte Zukunft. Frustrierend. Um so mehr freue ich mich darüber, ab und zu mal einen Schnipsel des neuen Albums bei F…book hochzuladen und die Reaktionen abzuwarten. Es scheint wohl einigen zu gefallen, was wir gerade machen :))) Das gibt enorm Kraft. Danke, Leute.


Gothic Empire: Habe gemerkt, Du bist eine Nachteule. Wer beantwortet Interviewanfragen morgens um Vier? Ist das Dein normaler Rhythmus oder hat sich Dein Alltag verschoben?

Joke: Ich habe schon immer unter Schlafstörungen gelitten. Das ist mal besser, mal schlechter. Ganz besonders schlimm ist es, wenn ich einen kreativen Schub habe. Und den habe ich oft. Dann ist an Schlaf nicht zu denken. Der Kopf will einfach nicht abschalten. Das ist zwar gut für einen hohen Output, macht gleichzeitig aber auch krank. Regeneration ist ein absolutes Fremdwort für mich. Und, je älter ich werde, desto mehr spüre ich die Folgen dessen. Das wird noch lustig, schätze ich.


Gothic Empire: Wie sieht so ein typischer Alltag bei Dir aus, jetzt im Corona-Zeitalter?

Joke: Allzu viel bleibt ja momentan nicht. Die Ablenkung ist zur Zeit sehr überschaubar. Also bleibt mir immerhin die Musik, wie wahrscheinlich vielen Lesern hier. Ich bereite mich auf die Zeit danach vor. Wenn das Album veröffentlicht ist, steht schon die folgende E.P. in den Startlöchern.
Der ganze Quatsch hat so gesehen auch was Positives.


Gothic Empire: Es ist gerade nichts mehr, wie es vor zwei Monaten noch war. Denkst Du die Welt wird sich verändern nach der Krise, auch gerade in der Musikbranche? Mega-Konzerte und große Festivals werden sich verändern?

Joke: Ich befürchte tatsächlich, wir werden in einer anderen Welt aufwachen. Da ich mich mein Leben lang auch textlich mit Krisenthemen befasse, kommt diese Situation nicht wahnsinnig überraschend für mich. Jedoch habe ich immer gehofft, dass uns mehr Zeit bleibt und die weltweite Krise in ferner Zukunft liegt. Nun ist sie da. Was nun? Momentan kann ich jedenfalls nicht bestätigen, dass die Menschheit zusammenrückt, eher das Gegenteil ist der Fall. Aber so ist der Mensch nun mal. Jeder ist sich selbst der Nächste. Denunzianten werden hofiert, vom Mainstream abweichende Meinungen als Verschwörungstheorien deklariert. Die Menschheit ist erkrankt und das Virus ist das kleinste Problem daran.
Davon handelt auch das Konzeptalbum „AWAKEN“. Ich hoffe, dass die Menschheit irgendwann zu einem positiven, kollektiven Bewusstsein aufsteigt. Das werde ich aber wohl nicht mehr miterleben.

Was die Musikbranche anbetrifft: Tja. Nach dem Virus, ist vor dem Virus, oder wie läuft das ab jetzt ab? Ich frage mich ernsthaft, wie man aus der Nummer wieder rauskommen will. Hoffentlich wird alles wieder wie damals. Ich vermute aber leider, dass wir erheblichen Repressalien ausgesetzt sein werden. Die Gelegenheit scheint einfach zu günstig für Mächte, die es nicht so gut mit uns meinen. Na klar, alles Verschwörungstheorien! Momentan leben wir aber nun mal in einer orwellschen Welt. Man sollte das Virus nicht für jede krude Erklärung akzeptieren und trotzdem alles hinterfragen.

Und……..einige könnten Gefallen daran finden. Deshalb AUGEN AUF! „Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen!“


Gothic Empire: Im Moment gibt es viele Streaming-Partys. Können wir von Dir auch ein Wohnzimmer-Konzert erwarten, oder ist das jetzt auch schon wieder out, weil es viele Künstler machen?

Joke: Tatsächlich hatte ich, kurz nach den Ausgangsbeschränkungen, darüber nachgedacht. Und fand das enorm vorausschauend von mir. Einen Tag später, war es, glaube ich, James Blunt, der online geträllert hat. Danach kam irgendwann Scooter. Weil ich anscheinend vergnügungssüchtig bin, habe ich den Stream angeklickt und mich sofort beim fremdschämend erwischt.

Das ist natürlich eine Form der Unterhaltung, wenn es gut gemacht ist. Ob das auf Dauer funktioniert? Vielleicht! Kann aber niemals ein Live-Konzert ersetzen. Die finanzielle Unterstützung der Musiker, oder Künstler im Allgemeinen, muss natürlich auch gewährleistet sein. Das ist im Endeffekt ein Job, wie jeder andere. Wir „leben“ davon. Irgendwie!

Ohne Musik/Kunst wird es ganz gruselig. Das wird einem dann ganz klar. Wir sind ja ohnehin an dem Punkt angekommen, wo Kunst inflationär ist. Du hörst Musik im Fahrstuhl, beim Einkaufen und beim Kacken auf Spotify. Die Kunst wird einfach unter die Leute gestreut, am Besten noch gratis. Das wird sich dringend ändern müssen, sonst gibts irgendwann nur noch den Staatsfunk.


Gothic Empire: Glaubst Du, der Trend wird zu Online-Events gehen, weil die Menschen jetzt ängstlicher werden?

Joke: Nein. Menschen vergessen schnell und brauchen einander. Klingt komisch, ist aber so!


Gothic Empire: Kannst Du dem ganzen Stay@Home auch etwas Positives abgewinnen, hast Du mehr Zeit für Dinge, die Du sonst nicht tun würdest oder ist alles wie immer, nur das die Einkaufswagen abgezählt sind und es kein Mehl mehr gibt?

Joke: Ich kann dem eigentlich rein gar nichts abgewinnen! Ich fühle mich eingesperrt. Körperlich und geistig. Nicht umsonst prangert auf meinem Oberkörper ein ziemlich großes Tattoo: FREIHEIT. Das habe ich mir vor 30 Jahren stechen lassen, um mich immer wieder daran zu erinnern, dass dies das Wichtigste überhaupt für mich ist. Klopapier ist mir scheißegal. Dieser, in Dauerschleife, gespielte Witz um den Klopapierkrieg macht mich wahnsinnig mürbe.


Gothic Empire: Meine Lieblingsfrage an alle Musiker: Was darf bei Dir zu Hause nicht ausgehen, auf was kannst Du nicht verzichten?

Joke: Freiheit. Harmonie. Kreativitä . Und …. Liebe.

Ich hätte nie gedacht, dass ich das tatsächlich mal so sagen, oder schreiben würde. Wer mich kennt, weiß, dass ich eigentlich eher ungehobelter Natur bin, aber mit zunehmendem Alter verschieben sich die Prioritäten und der harte Kern weicht langsam auf. Das ist aber nicht schlimm. Mit 18 hätte ich mit ausgelacht.


Gothic Empire:  Hast Du einen Wunsch, den Du Dir erfüllen musst, wenn das Leben wieder seine geordneten Bahnen geht?

Joke: Ja. Endlich das verdammte Album rauszubringen. Nebenbei: Da ist ja auch noch das Album „Joker“, welches in die AND ONE-Trilogie 2 integriert ist, in der Pipeline. Ich habe das ekelhafte Gefühl, mir rennt die Zeit davon und ich will noch so viel machen.
Ein furchtbares, endgültiges Gefühl.


Gothic Empire: Magst Du den Lesern noch eine Botschaft mit auf den Weg geben?

Joke: Liebe Freunde, Fans und Zaungäste. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr unbeschadet durch diese gruselige Zeit kommt.
So beschissen die Situation ist, in der man sich lieber verstecken würde. Bleibt wach! Nicht einschlafen!


Gothic Empire: Ich bedanke mich außerordentlich für Deine Zeit. War mir eine Ehre, dass Du mitgemacht hast.

Joke: Ich bedanke mich für die nette Abwechslung, liebe Dominique.

Wir sehen uns in der Nachwelt.

Joke Jay

 

Fotos von Dominique (ds-sights).